Helene Fischer: Wie viel Neid kann der Schlager ertragen?

Helene Fischer: Wie viel Neid kann der Schlager ertragen? © BMC-Images/Dominik Beckmann

Sie sind zur Zeit die erfolgreichsten Schlagersänger und Werbegesichter Deutschlands. Die charmante, elfengleiche und vielseitig begabte Helene Fischer und der VolksmusikRockn´Roller Andreas Gabalier, der sowohl den Helden Mountain-Man mimt als auch den buttermilchzarten Genießer authentisch verkörpert. Der Schlager hat u.a. genau diese beiden Protagonisten, die es verstehen mit ihrer Musik nicht nur den richtigen Ton bei ihren Fans zu treffen sondern dermaßen zu Kultfiguren avancieren, dass man sich gerne von ihnen überzeugen lässt die Klamotten bei Tchibo cool zu finden als auch für ein Milcherzeugnis gerne mal das “Flascherl Bier” einzutauschen. Grundsätzlich erfreuen sich die beiden einer enormen Medienpräsenz auf den Bühnen in Konzerthallen und Stadien, besuchen neuerdings in einer Gastrolle den Krimiklassiker Tatort (Helene Fischer im November 2015 zu sehen als Leyla) oder die Rosenheimcops (Gabalier 2014 in der Gastrolle als Grazer Popmusiker Fabrizio Frey), überzeugen als Moderatoren und Laudatoren und “gourmegglen” und “müllern” sich kulinarisch in unsere Kühlschränke.

Des einen Freud, des anderen Neid.

"Chapeau" sagen die einen, die voller Anerkennung den Leistungen der Stars Tribut zollen. Respekt für den hart erkämpften Aufstieg auf der Karriereleiter und Freude für das Erreichte ist eigentlich das was ihnen mit Fug und Recht gebühren sollte. Doch ist das wirklich so? Oder verhält es sich eher so, dass hinter vorgehaltener Hand von Fans und Kollegen die Nase gerümpft wird, ob der Omnipräsenz und der Neid doch eine Vielzahl von Wegbegleitern erfasst? Ist es nur in der Schlagerwelt so und ist Neid ein rein deutsches Phänomen? Zu diesem brisanten Thema hat der legendäre "Wetten dass" Moderator Thomas Gottschalk eine ganz klare Meinung. "In Amerika jubelt man, wenn ein Kandidat 500.000 Dollar gewinnt. Gewinnt in Deutschland jemand 10.000 Mark, heißt es: Was, dieses Pickelgesicht?" Er beschreibt und kritisiert damit ganz offen die so oft zitierte Neidgesellschaft in Deutschland. Und hierbei wird nicht unterschieden ob es den beruflichen Erfolg betrifft oder einen Verdienst in welchem Bereich auch immer. So kann man z.B. im sportlichen Bereich ganz oft beobachten, dass Nachwuchssportler auf ihrem Weg nach ganz oben bejubelt werden für ihr Talent, ihre Spielfreudigkeit und ihre erreichten Ziele zu Beginn ihrer Karriere und spätestens,wenn die Spitzenposition erreicht wurde, kippt die Sympathie, und es wird fast akribisch nach möglichen Schwächen, schlechten Tagesformen oder sogar Negatives aus dem privaten Bereich gesucht, um dieselbe Person schnellstmöglich wieder zu degradieren. Boris Becker, Lukas Podolski oder Claudia Pechstein können sicher ein Lied davon singen.

Swift und Fischer- Begeisterung oder Entgeisterung?

In Amerika ist Taylor Swift zur Zeit einer der beliebtesten und erfolgreichsten US-amerikanischen Sängerinnen überhaupt. Mit 1,287 verkauften Tonträgern ihres Albums "1989" trällerte sich Swift in die Herzen der Fans und konnte ihre Fanbase in kürzester Zeit ausbauen und wird gefeiert wie nie zuvor. Sie wird von Kollegen und Fans gleichermaßen verehrt und geschätzt und die wenigen Unkenrufe, die sie betreffen, hebelt sie einfach selber aus, in dem sie ihnen ein Lied entgegen schmettert "Shake it off" (Schüttel es ab).

Doch wie sieht es bei Helene Fischer in Deutschland aus? Helene Fischer ist derzeit erfolgreich mit ihrer Tournee "Farbenspiel" unterwegs und sammelt Auszeichnungen und Preise wie andere ihre Briefmarken. All ihre Erfolge aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Kollegen schwärmen anders als bei Swift nicht in den höchsten Tönen von der Fischer, sondern lästern ganz öffentlich über sie, Fans sind polarisiert, und sogar Journalisten nehmen es sich heraus, aus ihrer Abneigung gegenüber der Schlagersängerin keinen Hehl zu machen. Warum gönnt man in Deutschland Stars so wenig ihren Erfolg? Es liegt unter anderem an der ständigen Präsenz des Stars. Wer nicht gerade in Dauerschleife von "Atemlos" beschallt wird, kann weder Kaffe kaufen, ohne sich Helene als Riesen-Pappaufsteller ansehen zu müssen, noch zeichnet er sich als guter Koch aus, wenn er nicht gerade die von Fischer jüngst empfohlene Sahne zum Verfeinern nimmt.

Gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen?

Wie sieht es mit Andreas Gabalier aus? Nimmt man in Deutschland den Erfolg bei Männern eher an? Oder ist man ebenfalls genervt, wenn sich ein cooler Typ in lederkrachenen Hosen im Ranking um die meisten Konzertbesucher an einem vorbei schlawienert? Im Vergleich zur Fischer ist Gabalier noch nicht ganz auf dem gleichen Level angekommen. Er hat mit seiner aussergewöhnlichen Musik bereits ein Riesen-Publikum erreicht und spätestens seit der VOX-Show "Sing meinen Song" eine neue und musikalisch anders gelagerte Fanbase aufgebaut. Und dass er jetzt auch noch mit Grazer Charme und ganz männlich die Frauen zum Trinken aus dem "Buttermilch-Flascherl" animiert, stößt dem ein oder anderen schon mächtig auf. Bei einigen Preisverleihungen hagelte es böse Häme. Sei es nun, dass er ein Macho sei, frauenfeindlich oder rechtsradikal. Äußerungen, die rein gar nichts mit seiner Leistung als Musiker zu tun haben, sondern willkommene Gelegenheiten für seine Neider waren, die geschaffen wurden durch Gabaliers Meinungen zu diversen Themen...

Epicharmos, der Hauptvertreter der dorisch-sizilischen Komödie, stellte bereits um 500 v. Chr. fest "Wer von niemandem beneidet wird, ist nichts wert.". Und Oscar Wilde zitierte: "Die Anzahl unserer Neider bestätigt unsere Fähigkeiten". Da ist was dran, denn ohne Erfolg würden die beiden Stars nicht auf so vielen Hochzeiten tanzen. Fakt ist aber auch - wie Wilhelm Busch treffend bemerkte - "Um Neid ist keiner zu beneiden". Vielleicht sollten wir uns mal wieder mehr mit dem Thema Freude und Gönnen beschäftigen. Sich für andere mitfreuen und den Erfolg anderen gönnen können. Mag vielleicht anstrengender erscheinen, macht aber eher "schee".

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