In der KritikDurchwachsene Quote für “Dirndl! Fertig! Los!”

Durchwachsene Quote für “Dirndl! Fertig! Los!” © Hartmut Holtmann / Schlager.de
Katja Seeliger

Einerseits kann man Florian Silbereisen gratulieren: Wieder einmal hat er eine bemerkenswerte Quote für die ARD geholt, erneut ist der Marktanteil zufriedenstellend, und der Wert für das jugendliche Publikum war sogar überdurchschnittlich gut. Das ist insbesondere insofern bemerkenswert, als das „Supertalent“ deutlich unter der 4-Mio.-Marke geblieben ist. Also alles richtig gemacht? Nur bedingt. Zuletzt war Silbereisen mit seinen Shows eigentlich das absolute Zugpferd der ARD. Heimlich, still und leise macht ihm aber ein Moderator das Leben schwer: Kai Pflaumes Shows „Klein gegen groß“ und „Wer weiß denn so was XXL“ knacken regelmäßig locker die 5-Mio.-Marke bzw. holen zumindest bessere Marktanteile.

Blicken wir mal zurück: Vor einigen Jahren ebbte die Popularität volkstümlicher Musik dramatisch ab, die ursprünglich beliebten TV-Shows des Genres wurden nach und nach abgesetzt – das Paradebeispiel ist der „Musikantenstadl“, der nach der Umbenennung der diesjährigen Silvestershow wohl endgültig gestorben ist. Auch Florian Silbereisen und sein Team waren von dieser Flaute betroffen – mit weniger als 4,5 Mio. Zuschauern erreichte das „Winterfest der Volksmusik“ den schlechtesten Quotenwert, seit Florian Silbereisen die Sendung übernommen hatte (mal abgesehen von einer Sommer-Show, bei der ohnehin weniger Leute vor dem Fernseher sitzen).

Und auch wenn es "windige Künstlermanager" oder kleinere Online-Blogs anders sehen (wollen), der "Quotenkönig" der ARD ist Kai Pflaume. Nicht mehr und nicht weniger. 5 von 6 Shows in diesem Jahr, die von ihm moderiert wurden, erreichten mehr als 5 Mio. Zuschauer.

Kai Pflaume - der wirkliche Quotengarant für die ARD

Unter dem Strich steht Florian noch immer gut da, was den Marktanteil angeht. Von den anderen damaligen Volksmusik-Sendungen unterschied die „Feste“-Show, dass man damals die Zeichen der Zeit erkannt hat und die Show sehr behutsam, aber doch langfristig radikal änderte. Spektakuläre Sendungen mit der Elite des Schlagers, Feuerwerk, modernen Tänzern und raffinierten Publikumseinblendungen (zwischenzeitlich mit Stehplätzen) – das hat sich ausgezahlt, die Früchte dieser Bemühungen konnten zurecht geerntet werden. Nun sind einige Jahre vergangen, und man muss aufpassen, erneut die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Weichen vielleicht neu zu stellen. Das Schlagerpublikum ist sensibler und klüger als man meint. Wenn die Gästeliste gefühlt immer gleich ist, ist das schon bedenklich. Wenn die Gäste aber inzwischen auch sogar die gleichen Schlager singen, die sie schon mal vorgetragen haben (Andy Borg – Sarah, Fantasy – Bonnie und Clyde, Mickie Krause – Mich hat ein Engel geküsst – von Mireille Mathieu und ihrer Uralt-Version mal ganz abgesehen – die Reihe lässt sich deutlich erweitern), ist das wohl nicht der richtige Weg.

Vielleicht versucht man es mal mit Abwechslung

War es nicht von vorneherein klar, dass schon wieder KLUBBB3 dabei waren? Ist die Truppe wirklich „kurzfristig eingesprungen“? Man benötigte wohl einen Aufhänger, warum die Silbereisen-Truppe seit Januar 2016 abgesehen von einer Show (Adventsfest 2016) in JEDER Feste-Show dabei war. Das ist genau so „merkwürdig“ wie Überlegung, ob Andrea Berg wirklich ihren „Schlagerbooom“-Termin vorgezogen hat. Die hat den Sachverhalt doch auf ihrer eigenen Facebook-Seite etwas anders klargestellt. Und beim Vollplayback einzelne Gesangspassagen rauszuschneiden, das Publikum singen zu lassen, um einen Live-Eindruck zu erwecken ist ebenso leicht durchschaubar wie der Unsinn, Hansi Hinterseer gleich zwei Mikrofone (Headset und Handmikro) zum Vollplayback in die Hand zu drücken.

Was das Thema „Oktoberfest“ angeht – hier wurde schon spekuliert, welches Dirndl Andrea Berg wohl tragen würde. Aber nicht nur hinsichtlich des Outfits haben sich die meisten Gäste nicht an die eigentlich übliche „Kleiderordnung“ des Volksfestes gehalten (Andy Borg trug Jeans, Andrea Berg ein kurzes Kleid) – insbesondere die Musik war teilweise so gar nicht Oktoberfest-kompatibel – exemplarisch seien die „Ten Tenors“, Smokie, David Garrett und Götz Alsmann genannt. Gerade der Letztgenannte ist musikalisch und künstlerisch über jeden Zweifel erhaben – aber macht der wirklich „Oktoberfest“-Musik? Umgekehrt gefragt – wären hier nicht Superstars wie die Amigos die richtige Wahl gewesen?

Licht und Schatten prägten die Oktoberfest-Show Florian Silbereisens

„Interessant“ sind auch die Ausführungen des GfK-Vertreters Dr. Mathias Giloth gewesen: Beispielsweise hat der „Einen Stern, der Deinen Namen trägt“ als größten Oktoberfesthit tituliert. Hier hat die  die GEMA – bezogen auf das letzte Jahr – die beliebtesten Oktoberfest-Hits ermittelt. Der „Stern“-Hit hat es nicht mal in die Top-10 geschafft, dafür aber zwei Lieder von Andreas Gabalier und beispielsweise („ausgerechnet“) „Viva Colonia“. Okay – die Interpreten dieser Titel waren nicht zu Gast – dennoch sollte man nicht die Fakten verdrehen. Auch in Sachen Andrea Berg stellt sich die Frage, warum erwähnt wurde, dass sie den „ersten  Nummer-1-Award“ der GfK erhalten hat, während verschwiegen wurde, dass sie seit 20 Jahren in den Albumcharts präsent ist und inzwischen über 1.000 Wochen dort platziert war.

Zwei Acts der Show stachen dennoch klar hervor. Veronica Ferres’ Premiere als Schlagersängerin kann als durchaus gelungen bezeichnet werden – sie wurde einerseits tänzerisch professionell unterstützt, aber auch ihr Titel „1.000 Sterne“ ist ein wirklich sehr gelungener Schlager, der im Gegensatz zu den meisten anderen Titeln der Show bislang noch nicht bei Florian Silbereisen zu hören war.

Spannend war auch Vanessa Mais Auftritt. Das hatte was: Zunächst gab sie sich sehr hochgeschlossen im Dirndl und interviewte den Münchner Oberbürgermeister – und dann legte sie in Hot Pants einen der wohl heißesten Schlager-Auftritte ab, die jemals im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden.

Andrea Berg kommt zu Carmen Nebel

Bereits im Oktober wird Florian Silbereisen erneut um die Gunst seiner Zuschauer buhlen. Einen ersten Rückschlag hat er schon mit der Absage Andrea Bergs erlitten. Sie hat sich für die ZDF-Show "Willkommen bei Carmen Nebel" angesagt. Die Marke „Schlagerbooom“ hat im vergangenen Jahr allerdings Maßstäbe gesetzt – und diesmal wird die Show (im Gegensatz zum Vorjahr) sogar live ausgestrahlt. Man darf gespannt sein, ob die in den vergangenen Jahren bewährten Muster weiter zum Einsatz kommen (stets ähnliche Gästeliste, kein Livegesang, Feuerwerk, GfK-Statistiken) – oder ob es wieder behutsame Änderungen geben wird.

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