Große ÄngsteBernd Ulrich (Amigos): „Ich will meinen Lieben niemals zur Last fallen“
Er nimmt eine Zigarette aus der Schachtel, zündet sie an und atmet tief durch. Es fällt Bernd Ulrich (70) von den Amigos nicht leicht, über dieses Thema zu sprechen. Demenz. Nein, er hat keine Demenz. Aber allein die Vorstellung, dass er seine Liebsten eines Tages nicht mehr erkennen würde, lässt ihn traurig werden. „Wenn man pflegebedürftig ist und anderen zur Last fällt, ist das grausam. Ich hoffe, es kommt bei mir niemals so weit.“
„Demenz ist eine ganz schreckliche Krankheit“, sagt Bernd. „Sie kommt schleichend, ist unheilbar und kann jeden von uns treffen – das wissen wir alle. Menschen, die gerade noch mitten im Leben standen, verlieren sich im Moment, erkennen ihre Familie nicht mehr. Das zu akzeptieren, fällt sehr schwer. Für die Betroffenen, wie auch für die Angehörigen. Diese Schicksale berühren uns sehr.“ Bernd kennt solche Fälle auch aus der Erzählungen seiner Tochter Daniela (50). Die arbeitet in der Altenpflege.
Und das Thema liegt ihm auch deswegen so sehr am Herzen, weil ein guter Freund von ihm ebenfalls an Demenz leidet. „Wir haben früher zusammen Fußball gespielt, waren enge Freunde. Wir haben in seinem Garten zusammen gefeiert, tolle Zeiten zusammen erlebt. Aber jetzt ist es ruhig geworden, man spürt die Veränderung, versucht, sich das nicht anmerken zu lassen. Er ist ein anderer Mensch geworden, trauriger. Seine ganze Ausstrahlung, sein Wesen, seine Gangart. Es tut weh, das mitanzusehen“, sagt Bernd Ulrich mit belegter Stimme. „Wir sehen uns immer noch regelmäßig. Und noch erkennt er meinen Bruder Karl-Heinz und mich. Die Krankheit ist noch nicht so weit vorangeschritten. Aber wir wissen, dass wir eines Tages Fremde für ihn sein werden.“
Mit dieser Gewissheit muss vor allem auch die Frau des Freundes leben: „Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihn. Ich habe Respekt vor ihrer Stärke. Für die Angehörigen ist der Umgang mit Demenz fast noch schwerer als für die Kranken. Die leben irgendwann in ihrer eigenen Welt, aber den Angehörigen kann es das Herz brechen, wenn sie nicht mehr erkannt werden, weil die Erinnerung an ein gemeinsames Leben ausgelöscht ist.“
Bernd nimmt noch einen Zug von seiner Zigarette und sagt nach einer Pause nachdenklich: „Das Schlimmste ist, dass wir alle wissen, wie Demenz endet. Es gibt hier kein Happy End, das ist die bittere Wahrheit. Aber genau deswegen muss man versuchen, jeden Moment, den man noch zusammen hat, ganz bewusst zu genießen. Das sind wir unserem Freund schuldig, das hat er verdient!“
Daniela Alfinito - Den Erfolg verdankt sie ihrem Vater

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