Ehrliche WorteMarianne Rosenberg: „Ich habe mich oft für den unbequemen Weg entschieden“
Wir kennen sie noch als niedliche Schlagersängerin, heute ist Marianne Rosenberg (67) eine Frau, die genau weiß, was sie will – und vor allem, was sie nicht mehr will.
Marianne Rosenberg: Neue CD „Diva“
Bis heute lieben wir ihre alten Songs, singen textsicher mit bei „Er gehört zu mir“ und „Ich bin wie du“. Jetzt ist Marianne Rosenberg (67) mit ihrem neuen Album „Diva“ zurück.
MEINS: „Diva“ ist eine Hommage an große Pop-Diven, die Sie im Laufe Ihrer Karriere beeinflusst haben. Woher kam diese Idee?
Marianne Rosenberg: „Diana Ross, Gloria Gaynor, Grace Jones … Die großen Diven haben mich mit ihren genialen Songs mitsamt den Disco-Grooves schon immer verzaubert. Wenn ich damals zu dieser Musik auf die Tanzfläche zog, war das ein Gefühl wie frisch verliebt sein. Egal, ob man es gerade war oder auch nicht (lacht). Wir leben aktuell in schwierigen Zeiten, und ich hatte Lust, mich mit diesen Songs in eine scheinbar leichtere Zeit zurückzuträumen.“
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Warum nur scheinbar leichter?
„In schwierigen Zeiten hält man die guten alten Zeiten für viel besser. Vielleicht war man aber auch einfach nur jünger und alles fühlte sich tatsächlich leichter an? Ich habe nachrecherchiert, und ‚die gute alte Disco-Zeit‘ der 70er war geprägt vom Kalten Krieg, Wettrüsten, zahlreichen Demonstrationen … Nein, leichte Zeiten waren das auf keinen Fall. Aber wenn ich die Disco-Hymnen wie ‚Don’t Leave Me this Way‘ oder ‚Never Can Say Goodbye‘, die ich für mein Album alle selbst ins Deutsche übersetzt habe, höre, dann kommt sofort das Kribbeln von damals zurück und auch die Leichtigkeit, die man einst auf der Tanzfläche spürte, als die Musik der Disco-Diven erklang.“
Was macht eine Diva aus?
„Eine Diva arbeitet selbstbestimmt und sagt, was sie dazu braucht. Wenn das ein Mann macht, heißt es sofort: ‚Ja, der hat’s drauf! Der weiß, was er will, und kennt sein Business.‘ Bei einer Frau wird dagegen schnell gesagt: ‚Oje, die Diva verlangt jetzt wieder Unmögliches.‘ Oft werden zusätzlich auch noch die wildesten Gerüchte in die Welt gesetzt. Ich musste über mich lesen: ‚Die Diva Marianne Rosenberg ließ zwei Stunden vor ihrem Auftritt die Garderobe umstreichen, weil ihr die Farbe Depressionen bereitete.‘ So ein Blödsinn (lacht)! Das Wort ‚Diva‘ wird also gern zweckentfremdet. Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff ‚Emanze‘. Der ist negativ behaftet, obwohl es etwas Tolles ist, wenn sich Frauen für Gleichberechtigung und Menschenrechte starkmachen. Aber nein, man versucht auch hier, engagierte Frauen herabzuwürdigen.“
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Sie wussten schon immer, was Sie wollen?
„Nein, ich habe einen langen emanzipatorischen Weg hinter mir. Das Musik-Business war und ist von Männern dominiert: Produzenten, Komponisten, Regisseure, Redakteure – man trifft leider nur selten auf Frauen. Es hat Jahre gebraucht, bis ich mir Selbstbewusstsein und Stärke erarbeitet habe. Am Anfang war ich noch ein schüchternes Mäuschen.“
Tatsächlich?
„Ich habe sehr jung begonnen in der Musikbranche. Mit 13 gewann ich einen Nachwuchswettbewerb, und mit 14 bekam ich den ersten Schallplattenvertrag. Erfolgreich, aber auch sehr schüchtern! Im Studio habe ich nur leise ‚Ja‘ und ‚Nein‘ geflüstert, wenn ich gefragt wurde. Meine introvertierte Persönlichkeit musste ich im Laufe der Jahre ablegen, denn sonst hätte ich nie so arbeiten können, wie ich es gern wollte. Mein Ziel war es, irgendwann selbst zu entscheiden, was zu meinem künstlerischen Repertoire gehört. Ich wollte anziehen, was ich wollte, und nicht das, was die TV-Produzenten für mich herausgesucht hatten. Ich wollte Songs singen, die zu mir passen. Heute lasse ich mich nicht mehr verbiegen und mache nur noch, was ich will.“
Marianne Rosenberg: Sie wollte „Marleen“ nicht singen
Gab es einen Schlüsselmoment bei Ihnen, der dafür sorgte, dass Sie endlich mal: „Nein, mit mir nicht!“ sagten?
„Es war 1976, und ich hatte einen Riesenerfolg mit ‚Er gehört zu mir‘. Dann sollte ich den Song ‚Marleen‘ singen. Als ich den Songtext las, rebellierte ich zum ersten Mal: Jetzt reicht es mir aber! Nun soll ich in dem Lied die Gazelle auch noch anflehen, dass sie mir den untreuen Mann freigibt? Diese defensive Rolle will ich nicht einnehmen. Ich habe die Nase voll davon, dass ich in meinen Songs immer die Frau sein soll, die nur Pech in der Liebe hat. Und ich will erst recht nicht bei Marleen betteln, dass ich den Mann zurückbekomme. Das bin ich nicht!“
Den Song nahmen Sie aber trotzdem auf …
„Alle redeten auf mich ein: ‚Nun lass uns den Song doch erst einmal aufnehmen und in Ruhe anhören. Wenn er dir dann immer noch nicht gefällt, veröffentlichen wir ihn auch nicht.‘ Aber es braucht wohl nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass ich mich als junge Frau nicht dem gewaltigen Druck der Plattenindustrie widersetzen konnte.“
Sind Sie heute so glücklich wie nie zuvor?
„Ich glaube, das Trachten nach Glück ist ein kompletter Unsinn. Es ist viel wertvoller, sich frei zu fühlen. Die Freiheit zu haben, so zu leben, wie man möchte, und das zu tun, was man liebt. Und wenn beides aufeinandertrifft – und das ist bei mir sehr oft der Fall, dann hat man so ein schönes Leben.“
Marianne Rosenberg - Die Schlager-Diva

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