Es reicht!Marianne Rosenberg: „Ich renn dem Glück nicht mehr hinterher“
Wer Marianne Rosenberg (67) auf der Bühne sieht, merkt sofort: Hier steht eine selbstbewusste Frau. Doch für ihre Stärke musste sie viele Enttäuschungen erfahren – auf die sie jetzt zurückblickt.
Sind Sie heute glücklich?
Ich renn dem Glück nicht mehr hinterher. Es ist viel wertvoller, sich frei zu fühlen. So zu leben, wie man möchte, und das zu tun, was man liebt. Wenn das aufeinandertrifft – und das ist bei mir oft der Fall – hat man ein schönes Leben.
Waren Sie am Anfang Ihrer Karriere auch schon so frei?
Nein. Es hat Jahre gebraucht, bis ich mir Selbstbewusstsein und Stärke erarbeitet habe. Das Musikbusiness war und ist von Männern dominiert – man trifft nur selten auf Frauen. Am Anfang war ich schüchtern.
Tatsächlich?
Ich habe ja sehr jung in der Musikbranche begonnen. Mit 13 gewann ich einen Nachwuchswettbewerb, mit 14 bekam ich den ersten Schallplattenvertrag. Im Studio habe ich nur „ja“ und „nein“ geflüstert. Meine introvertierte Persönlichkeit musste ich ablegen, sonst hätte ich nie so arbeiten können, wie ich es gerne wollte.
Was wollten Sie denn?
Mein Ziel war es, selbst zu entscheiden, was zu meinem künstlerischen Repertoire gehört. Ich wollte anziehen, was ich mochte und nicht das, was die TV-Produzenten für mich herausgesucht hatten. Ich wollte Songs singen, die zu mir passen. Heute lasse ich mich nicht mehr verbiegen und mache nur noch, was ich will.
Keine Lieder mehr über Pech in der Liebe
Gab es einen Schlüsselmoment für diese Erkenntnis?
Es war 1976, ich sollte „Marleen“ singen. Als ich den Text las, rebellierte ich: „Jetzt reicht es mir! Nun soll ich die Gazelle noch anflehen, dass sie mir den untreuen Mann freigibt? Diese defensive Rolle will ich nicht. Ich habe die Nase voll davon, dass ich in meinen Songs immer die Frau sein soll, die nur Pech in der Liebe hat. Und ich will erst recht nicht bei Marleen betteln, dass ich den Mann zurückbekomme.“
Den Song nahmen Sie dann aber trotzdem auf …
Alle redeten auf mich ein. Es braucht wohl nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass ich mich als junge Frau nicht dem Druck der mächtigen Plattenindustrie widersetzen konnte.
Verabschiedeten Sie sich deshalb auch vom Schlager?
Die Umorientierung brauchte ich für meine menschliche und künstlerische Entwicklung. Das Publikum wurde kleiner und ich verkaufte weniger Platten. Aber ich verstellte mich nicht mehr – und das war und ist mir am wichtigsten.
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