XXL-InterviewKastelruther Spatzen-Sänger Norbert Rier: “Ich würde niemals meine Ehe riskieren”

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Kastelruther Spatzen-Sänger Norbert Rier: “Ich würde niemals meine Ehe riskieren” © BMC-Images/Dominik Beckmann
Katrin Voigt
Redaktionsleitung

Die Kastelruther Spatzen sind die wohl erfolgreichsten Gruppe der Volksmusikszene und sie feiern in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum. Vor genau 40 Jahren veröffentlichten sie ihr erstes Album “Viel Spaß und Freude” und sind seitdem nicht mehr aus der Musikwelt wegzudenken. Mit ihrem neuen Studio-Album “Herz und Heimat”, das am 29.09.2023 erscheint, setzen die Spatzen ein weiteres musikalisches Zeichen. Nun sprach Frontmann Norbert Rier über die Anfänge, Stolpersteine und Eifersucht…

Das neues Studio-Album zum 40-jährigen Jubiläum heißt “Herz und Heimat”. Worauf dürfen sich die Fans freuen?

Wir haben wieder viele schöne Lieder produziert, unter anderem ein Lied, das mein Sohn Alexander zusammen mit einem Freund komponiert hat. Das Lied heißt „Freundschaft für immer“. Sie haben den Song auch gemeinsam getextet. Der Titelsong „Herz und Heimat“ stammt ursprünglich von Frieda Rier, die das Lied 1995 gesungen hat. Es passt natürlich ganz besonders gut zu uns, weil wir unsere Heimat sehr lieben und an ihr hängen. Deshalb haben wir uns für diesen Titelsong entschieden.

Ist Frieda Rier mit Ihnen verwandt?

Nein, es gibt so viele Menschen mit dem Namen „Rier“ in unserer Gegend, aber Frieda Rier ist nicht mit mir verwandt. Sie stammt aus einem Ort in der Nähe von Kastelruth und ist damals beim Grand Prix der Volksmusik angetreten.

“Herz und Heimat” – Beides ist für Sie untrennbar verbunden. Was ist das für ein Gefühl, wenn Sie an Ihre Heimat denken?

Es ist ein schönes Gefühl, weil wir eben tief in unserem Herzen mit den Bergen und der Heimat verbunden sind. Einen Ort zu haben, ein Zuhause, wo man sich wohl fühlt, wo man geliebt wird, das ist schon ein ganz spezielles Gefühl. Ich bin hier aufgewachsen und als Landwirt liebe ich den Grund und Boden, den ich bewirtschafte. Ich war noch nie länger als eine Woche weg von der Heimat. Als wir früher öfter mal auf Kreuzfahrtschiffen aufgetreten sind, dauerte das meistens eine Woche. Auch bei unseren Konzerten geht es nach vier, fünf Tagen immer wieder nach Hause. Große Tourneen am Stück wollten wir nie machen. Auch wenn wir mit den Kindern in Ferien-Clubs in Italien oder in der Türkei Urlaub gemacht haben, waren wir nie länger als eine Woche weg.

© Universal Music

Das neue Album der Kastelruther Spatzen “Herz und Heimat” © Universal Music

In Ihrem Lied „Aller Anfang ist Musik“ erinnern Sie an die Anfänge. Wie muss man sich die ersten Spatzen-Auftritte vorstellen?

Das war eine aufregende Zeit. Wir mussten am Anfang viel improvisieren. Wir hatten nie Unterstützung von öffentlicher Seite angefordert. Was wir von unseren Auftritten verdienten, haben wir meistens in unsere Anlagen, in eine vernünftige Technik investiert. Damals haben wir auch das ganze Equipment selbst transportiert. Wir haben alles selbst aufgebaut, selbst abgemischt. Wir haben von der Bühne aus immer geschaut, wie die Leute reagieren, ob sie zusammenzucken, weil der Ton zu laut war. Damals wurde bei den Auftritten zu unserer Musik getanzt und uns war es einfach immer nur wichtig, dass es den Leuten gefallen hat.

Damals waren Sie sicher noch näher an Ihrem Publikum…

Das ist richtig. Wir haben oft alle zusammengesessen, auch lange nach den Konzerten. Damals waren wir auch noch sehr jung und haben oft bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Der Kontakt zu den Fans war uns immer wichtig. Es haben sich Freundschaften gebildet, mittlerweile über mehrere Generationen. Wenn man dann wieder Leute von früher trifft, redet man gerne über die alten Zeiten und tauscht Erinnerungen aus. Das ist immer etwas ganz Besonderes für uns.

Erinnern Sie sich an anfängliche Pannen, wo Sie improvisieren mussten, weil die Technik vielleicht noch nicht so gut war?

Anfangs hatten wir immer mal wieder Pannen, sei es beim Stromregler oder es ging etwas am Mischpult kaputt. Das konnte man auch nicht immer sofort beheben oder reparieren. Wenn die Technik ausfiel, bei kleineren Veranstaltungen oder Hochzeiten haben wir dann eben ohne Verstärker gespielt. Mit der Oberkrainer-Musik, mit der wir angefangen haben, war das auch nicht so schwierig. Wir haben dann eben improvisiert und die Leute hatten trotzdem ihren Spaß (lacht).

Sie haben sich nie verbiegen lassen in all den Jahren. Welche Stolpersteine hat man Ihnen anfangs in den Weg gelegt?

Unser damaliger Produzent meinte, der Name würde überhaupt nicht zu uns passen. Er fand, „Kastelruther Spatzen“ wäre zu normal, zu rustikal. Es würde einfach nicht besonders klingen. Wir sollten also unseren Namen ändern. Dagegen haben wir uns vehement gewehrt. Wir erklärten ihm, dass wir den Namen gut finden und ihn behalten werden. Wir kommen aus Kastelruth, das wollten wir auch repräsentieren, ein Künstlername kam für uns nicht in Frage. Genauso versuchte man uns, unsere Tracht ausreden. Bei Fernsehauftritten wollte man uns in einen Smoking stecken, das hat uns gar nicht gefallen. Wir haben das abgelehnt, und somit hatten wir auch nie die Probleme eine passende Garderobe auszuwählen.

In Ihrer Heimat Kastelruth wird neben deutsch auch italienisch und ladinisch gesprochen, eine rätoromanische Sprache. Wie sprechen Sie zuhause?

Obwohl das Grödnertal, in dem viel ladinisch gesprochen wird, unmittelbar neben Kastelruth liegt, spreche ich nicht ladinisch, auch die Familie nicht. Wir reden zuhause deutsch, und natürlich unseren Dialekt. In italienisch bin ich auch nicht so bewandert, das war schon in der Schule immer ein Problem (lacht). Sprachen lernt man immer erst gut, wenn man mit Leuten unterwegs ist und viel spricht.

Was ist es, was den Erfolg der Kastelruther Spatzen ausmacht?

Ich denke, wir haben einfach auch Glück gehabt, zur richtigen Zeit das richtige zu machen. Unsere Lieder haben die Menschen offenbar berührt. Wir haben 1990 mit dem Lied „Tränen passen nicht zu dir“ den Grand Prix der Volksmusik gewonnen. Dann kamen die ganzen Tourneen, die bei den Leuten gut angekommen sind. So ging alles los.

Sie haben unglaublich viel erreicht in Ihrer Karriere. Was macht Sie am meisten stolz?

Es macht mich sehr stolz, dass wir bis jetzt so lange durchgehalten haben und dass es immer noch so gut läuft mit unserer Musik. Dass die Menschen vor allem auch an den älteren Liedern noch Freude haben. Auch dass unsere Gruppe nach wie vor zusammensteht und wir immer zusammenhalten. Das ist auch nicht immer selbstverständlich. Persönlich bin ich auch sehr stolz darauf, dass meine Familie so intakt ist, obwohl sie auf vieles verzichten musste. Das war nicht immer einfach. Ich war früher sehr viel unterwegs mit der Gruppe, und trotzdem haben alle immer zusammengehalten.

Gibt es eine Art privates Glücks-Geheimnis?

Wichtig ist es, Verständnis für den anderen zu haben und nie den Respekt voreinander zu verlieren. Man sollte sich als Ehepaar auch immer wieder Freiräume nur für sich selbst schaffen. Isabella ist wie ich ein Familienmensch, wir lieben beide die Natur. Wenn wir Zeit haben, gehen wir gerne wandern, machen ein Picknick. Und natürlich gehen wir auch mal nach Bozen ins Kino oder wir machen es uns einfach zu Hause gemütlich, bei Kerzenschein, einer Flasche Rotwein und einem Rosamunde Pilcher-Film. Diese romantischen Momente genieße ich sehr. Ich finde auch Rituale wichtig. Isabella und ich frühstücken morgens immer gemeinsam. Wenn ich schnell weg muss und wir keine Zeit mehr haben, dann holen wir es nach, und zwar intensiv, mit einem ausgedehnten Frühstück. Die Familie ist mein starker Halt, den ich brauche im Leben. Jeder braucht im Leben jemanden, einen Menschen, bei dem er diesen Halt findet. Aber man weiß trotzdem nie, ob eine Beziehung für immer hält. Ich hätte mich nie getraut, zu sagen, dass mir kein Fehltritt passieren könnte.

Wie kommt Ihre Frau damit klar, dass Ihre weiblichen Fans Sie auf Konzerten anhimmeln?

Das war früher schlimmer als ich jünger war (lacht). Jetzt ist alles etwas ruhiger geworden.

Ist Ihre Frau schon mal eifersüchtig?

Vielleicht ist sie ja schon ein bisschen eifersüchtig. Es ist ja einerseits auch ein Zeichen, dass sie mich gern hat. Ich finde, ein bisschen Eifersucht tut der Beziehung ganz gut. Zu viel sollte es natürlich auch nicht sein. Der goldene Mittelweg ist am besten – wie in allen Dingen! Aber wegen meiner weiblichen Fans streiten wir uns nicht. Ich weiß, wo ich hingehöre, das ist ganz wichtig. Ich würde niemals meine Ehe riskieren. Gefährlich kann es für eine Ehe nur dann werden, wenn es zuhause nicht mehr stimmt.

Der 40. Hochzeitstag ist die Rubin-Hochzeit. Gab es für Ihre Frau Isabella einen Rubin-Ring als Geschenk?

Ich habe Isabella zu diesem ganz besonderen Hochzeitstag mit einem funkelnden Ring überrascht. Darüber hat sie sich sehr gefreut. Ich hatte sie bisher nie so sehr verwöhnt mit Schmuck, aber das war mir sehr wichtig, dass sie zu diesem 40. Ehe-Jubiläum einen schönen Ring bekommt. Es gab eine heilige Messe, danach haben wir im Restaurant einen Aperitif genommen, und dann gemeinsam gegessen. Alle waren dabei, die Kinder, die Enkel und Geschwister, die Oma – also die Mutter meiner Frau. Meine Eltern leben ja schon lange nicht mehr, aber meine Frau Isabella hat noch Ihre Mutter. Sie ist jetzt 90 Jahre alt geworden und war sehr glücklich, unseren 40. Hochzeitstag noch mitzuerleben.

Können Sie sich an Ihr größtes Herzklopfen erinnern?

Ich hatte schon oft großes Herzklopfen (lacht). Als wir geheiratet haben, hatte ich Herzklopfen, genauso als unsere Kinder geboren wurden. Das waren ganz besondere Momente in meinem Leben. Vor kurzem hat mein Sohn Andreas geheiratet und eine wunderbare Frau mit in unsere Familie gebracht. Ich habe eine tolle Schwiegertochter bekommen und wir haben eine traumhafte Hochzeit in den Bergen gefeiert. Es ist immer schön, wenn die Familie größer wird. Ich hatte auch die Ehre bei der Trauung das Lied „Ich schwör“ zu singen, das wird bei Hochzeiten oft  gewünscht. Dazu habe ich noch unser Lied „Das hat der Himmel so gewollt“ gesungen. Diese Lieder bei der Hochzeit des eigenen Sohnes singen zu dürfen, ist schon etwas ganz Spezielles. Das waren wirklich sehr emotionale und schöne Momente, wo mein Herz sehr stark geklopft hat.

Apropos Herz. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Ich bin recht zufrieden. Im Oktober sind es schon sechs Jahre, seit ich am Herzen operiert wurde. Ich gehe zu Kontrolluntersuchungen, die sind alle gut verlaufen. Ansonsten sind es eben die kleinen Wehwehchen, die man mit zunehmendem Alter immer wieder hat. Ich bin mittlerweile 63 Jahre alt. Trotzdem denke ich immer noch, dass alles schnell gehen muss – und muss dann doch einsehen, dass ich selbst langsamer werde. Das ist nicht immer leicht, und ich werde mich daran gewöhnen müssen, die Dinge langsamer anzugehen (lacht). Es sind manchmal auch die langen Fahrten zu den Auftritten, wo man stundenlang im Auto sitzt. Das ist nicht immer angenehm und fällt mir heute schwerer – aber das gehört nun mal dazu.

Spricht Ihre Frau Isabella kein Machtwort, wenn Sie zuviel arbeiten?

Doch, Isabella achtet sehr auf mich und passt auf. Sie sagt dann schon: „Lass uns mal einen Tag rausfahren, ein bisschen neue Kraft tanken.“ Das machen wir dann auch. Und manchmal spricht sie auch ein richtiges Machtwort. Und natürlich höre ich auf meine Frau (lacht).

In dem Lied „Ein bisschen Mama“, geht es um dem Nachwuchs und auch das Glück, Opa zu sein. Wie erleben Sie das Opa-Sein?

Mein ältester Enkel Noah ist schon 18 Jahre alt. Und die jüngste Enkeltochter Clara, das Mädchen von meiner jüngsten Tochter Anna, ist jetzt gerade 7 Monate alt geworden, dazwischen sind noch der 6-jährige Willi und der 8-jährige Peter, die Söhne meiner ältesten Tochter Marion. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, Opa zu sein. Die Enkel, die genießt man noch mehr als die Kinder.

Was unternehmen Sie am liebsten mit Ihren Enkelkindern?

Vor kurzem war ich mit Willi und Peter im Alpen Zoo in Innsbruck. Das hatte ich den beiden schon lange versprochen und ich nehme mir dann gerne die Zeit, mit ihnen etwas Schönes zu unternehmen. Sie lieben Tiere, sind auch gerne auf unserem Hof. Es ist schön, wenn Kinder mit Tieren aufwachsen und lernen, sich zu kümmern. Dadurch werden sie empathisch.

Mit dem Gründungsmitglied der Spatzen, Oswald Sattler singen Sie das Lied „Aller Anfang ist Musik“ auch im Duett. Schließt sich für Sie damit ein Kreis zum 40-jährigen Jubiläum?

Ja, da schließt sich ein Kreis. Ich war sehr froh, dass Oswald sich bereit erklärt hat, das Lied mit mir zu singen. Wir sind damals im Guten auseinandergegangen, weil Oswald eine Solo-Karriere machen wollte. Er ist auch sehr erfolgreich, vor allem mit seinen Kirchenkonzerten. Dass er beim Jubiläumsalbum mit diesem Lied wieder mit dabei ist, ist eine schöne Sache.

Sie hatten in der Band keinen großen Wechsel…

Wir hatten wirklich wenig Wechsel und wenn jemand aufgehört hat, dann sind wir im Guten auseinandergegangen, das war uns immer wichtig. Wir haben uns vorher ausgesprochen und alle Probleme geklärt. Bei den Spatzen ist keiner von uns vertraglich gebunden, und wenn jemand aufhören möchte, dann muss man das einfach respektieren. Es macht auch keinen Sinn, jemanden halten zu wollen, der gehen möchte. Ich hoffe aber natürlich schon, dass es noch eine Zeitlang gut läuft mit uns.

Das heißt, Sie denken nicht über die Spatzenrente nach…

Nein, ich denke im Moment nicht ans Aufhören. Aber wer weiß, was kommt. Manchmal kann es schnell gehen. Man hört das ja immer wieder von Freunden und Kollegen, dass plötzlich etwas eintritt, sei es eine Krankheit oder etwas anderes. Dann ist plötzlich nichts mehr, wie es war. Ich will mir aber nicht so viele Gedanken darüber machen. Ich werde schon immer wieder mal darauf angesprochen, wie lange wir noch weitermachen wollen. Ich habe auch das Gefühl, mit zunehmendem Alter hat man bei den Fans einen noch größeren Wert. Das Wichtigste, ist, dass man gesund bleibt und dass wir das alles noch gut hinbekommen. Ich verdränge den Gedanken an den Abschied gerne, wohlwissend, dass der Tag irgendwann kommen wird.

Das jährliche große Spatzenfest Anfang Oktober steht vor der Tür. Wie laufen die Vorbereitungen?

Wir sind am Vorbereiten und Organisieren mit der freiwilligen Feuerwehr. Das ist schon immer viel Arbeit im Vorfeld. Aber es ist eben ein ganz besonderes Fest und wir freuen uns auf schöne Stunden mit unseren Fans. Am Ende sind wir dann froh, wenn alles reibungslos funktioniert hat und wir den Fans viel Freude machen konnten.

Wie geht es in diesem Jahr weiter?

Wir haben noch einige Konzerte in diesem Jahr, und dann geht es schon in Richtung Weihnachten. Die Weihnachtskonzerte sind immer ein Highlight in unserem Kalender. Wir hoffen, dass alles gut läuft und alles seinen normalen Weg geht und es zu keinen weiteren Einschränkungen kommt. Die Pandemie hat alles durcheinandergebracht und man hat gesehen, wie schnell Dinge eintreten können, mit denen man nicht gerechnet hat. Trotzdem schaue ich positiv nach vorne und freue mich auf alles, was kommt. Wenn wir mit unseren Liedern die Leute weiterhin unterhalten können, dann kann man mehr als zufrieden sein.

Anmerkung der Redaktion: Danke an Martina Mack!

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