Patrick Lindner – schwul: Kritik an Öffentlich Rechtliche Sender

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Patrick Lindner – schwul: Kritik an Öffentlich Rechtliche Sender © IMAGO / BOBO
Jörg Schulz
Redakteur

Sein Lachen zeigt, wie viel Mut er hat: Entertainer und Schlagerstar Patrick Lindner. Ende der 1990er Jahre outete er sich selbst, homosexuell zu sein. Früher: fast null Toleranz. Und heute? Sorgen auch die Öffentlich Rechtlichen Sender durch ein Überdrehen des Themas dafür, dass den Menschen die Lust an Toleranz zu vergehen droht. Sagt Lindner im Schlager.de-Gespräch.

Patrick Lindner (63) hatte sich mit 18 Jahren bei seinen Eltern, schließlich 1999 auch in der Öffentlichkeit als homosexuell geoutet. Von Aufklärungsprojekten, Anlaufstellen, war damals noch nirgendwo die Rede. Noch viel schlimmer, was Patrick Lindner erleben musste: „Bei mir war das so, dass mein Vater mich zum Hausarzt geschickt hat“, erinnerte sich Lindner jetzt in der „NDR Talk-Show“. Bei seinem Mann Peter sei es genauso gewesen, beide Jahrgang 60. Im Nachhinein frage er sich schon: „Was hat der sich eigentlich dabei gedacht?“

Und dann habe er auch noch das erleben müssen: Der Arzt habe vor ihm gesessen, in einem Buch geblättert und ihm gesagt, er solle nochmal drüber nachdenken, weil er sich sonst auf ein sehr schweres Leben einstellen müsse. Lindner: „Also quasi: ‚Schau, dass du dich irgendwie umorientierst‘. Und das sind so Dinge, wo man natürlich heute einen riesengroßen Schritt weiter ist.“

Dieser Schritt weiter – für Marcus Urban noch lange nicht der letzte. Urban (52) stand in den 1990er Jahren vor einer Karriere als Profi-Fußballer. Seine eigene Karriere beendete er frühzeitig, da er sein Schwulsein nicht länger verbergen wollte, wie er in seiner Biografie "Versteckspieler" darlegte.

Patrick Lindner warnt davor, das Thema Schwulsein zu überdrehen

Nun gab Marcus Urban bekannt: Am 17. Mai 2025, dem internationalen Tag gegen Homophobie, soll eine Internetplattform online gehen, auf der schwule Profi-Fußballer und andere Spitzensportler durch Texte und Videos die Möglichkeit haben, ihre persönliche Geschichte zu erzählen, wobei auch eine Option zur Anonymisierung geboten wird. Bislang hat noch kein aktiver Profi-Fußballer in Deutschland ein öffentliches Coming-out gewagt.

Wie denkt ein Patrick Lindner über solch einen Coup? "Es ist ja bekannt, dass ich bei dem Thema einer der absoluten Vorreiter war", so Lindner gegenüber Schlager.de. "Nach wie vor sage ich, dass es jedem selber überlassen ist, ob er sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt oder nicht. Dazu kann man niemanden zwingen. Das soll man auch nicht."

Allerdings sage er auch, dass jedes Coming Out einer öffentlichen Person dazu beitrage,  "irgendwann mal diese doch noch immer bestehende Toleranzgrenze zu durchbrechen. Und immer wieder auch zu zeigen: Hey, wir sind in der Gesellschaft genauso da, wie jeder andere auch. In jeder Schicht gibt es das. Früher konnte man es sich vielleicht vorstellen, dass es ein Professor, ein Arzt oder auch ein Fußballer sein kann. Oder ein Sänger."

Dabei müsse doch jeder wissen, dass es auch im Spitzensport viele Homosexuelle gebe. Lindner weiter: "Da gibt es halt Zwänge, große Werbeverträge, da geht es um ganz viel Geld. Oder immer noch um die Intoleranz von Menschen, die ins Stadion gehen. Das ist natürlich alles nicht so ganz einfach."

Denn die Realität sei doch: "Ich hatte letztens auch jemanden da sitzen, der dann sagte, dass ihm das alles jetzt zu viel werde", erzählt Patrick Lindner. "So, wie die Öffentlich Rechtlichen Sender versuchen, auf diese Nummer aufzuspringen und dann Leute präsentieren, bei denen dann die Menschen sagen: `Was sind das für Figuren, die da gezeigt werden? Was sind das für Menschen, die plötzlich in der Öffentlichkeit stehen und so gehypt werden?` Ich habe manchmal das Gefühl, dass die ganze Geschichte überdreht, übertrieben wird. Und deshalb viele Menschen abschreckt. Das schadet uns mehr, als dass es uns hilft."

Patrick Lindner: Homosexualität nicht einfach ausgesucht

Es sei etwas anderes, wenn den Menschen Leute vorgeführt würden, mit denen man sich nicht identifizieren könne. Lindner: "Anstatt Menschen, bei denen ich es vielleicht nie gedacht hätte, weil die genauso dastehen, wie ich auch. Ich glaube, man provoziert da im Moment zu sehr. Ob wir es jemals erreichen werden, dass Homosexualität als Normalität anerkannt wird, das weiß ich nicht. Das ist natürlich das Ziel. Ich versuche seit zehn Jahren, mit meiner Stiftung einen anderen Weg zu gehen. Die Patrick Lindner-Stiftung unterstützt Projekte, die der Gleichstellung Homo- und Transsexueller und der Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher dienen. Anm. d. Red.). Es ist natürlich schön zu sehen, dass man damit schon viel erreichen konnte."

Man arbeite zum Beispiel in München mit der Diversity-Stelle zusammen. Lindner: "Die haben ein Schulprojekt entwickelt, das uns unglaublich nach vorne gebracht hat. Es ist ganz wichtig, dass man mit jungen Leuten über dieses Thema spricht." Schließlich gebe es verschiedene Lebensformen. "Und die gibt's nun mal, seit es Lebewesen auf der Welt gibt."

Zudem, so Lindner, sei es ja nicht so, "dass man sich Homosexualität einfach ausgesucht hat, na, ja, das ist ja auch mal ganz lustig. Es ist ein wahnsinnig ernstes Thema. Deshalb erwarte ich auch, dass man damit vernünftig umgeht".

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