Safiya macht den Schlager schön. Mit ihren Liedern. Wahrscheinlich auch mit ihrem Äußeren – das so sehr an Pop-Superstar Shakira erinnert. Doch schön war ihr Leben lange nicht, wie sie Schlager.de exklusiv verraten hat.
Sie hat ein Lied geschrieben, es ist brandaktuell: „Bleib in Erinnerung“ ist der Titel. Damit will die Wahl-Frankfurterin ein starkes Zeichen für Frauenpower und Selbstbestimmung setzen. Safiya weiß, was Frauen frei macht. Denn frei war sie so lange nicht … Die letzte in einem Käfig, gefangen durch die strengen Sitten, die ihr Vater (die Familie stammt aus der Türkei) für richtig hielt. Dinge, die ihren Brüdern erlaubt waren, waren für sie verboten. Sie durfte nichtmal singen. Das Thema, dass sie als Kind schon fesselte: weibliche Personen haben nicht die gleichen rechte, wie männliche.
Safiya war erst drei Jahre alt, als ihre Mutter starb
Schlager.de: Die Widernisse müssen ungeheuerlich groß gewesen sein …
Safiya: … Sogar sehr groß. Meine Mutter starb, als ich drei Jahre alt war – und mit diesem Verlust begann eigentlich mein Leben. Als jüngstes Mädchen in der Familie habe ich früh erfahren, wie es ist, nicht respektiert, nicht gehört und unterdrückt zu werden. Es zählte nicht, was ich fühlte, sondern nur, ob ich funktionierte – so, wie es die Familie erwartete.
Hat der Vater die Kinder alleine großgezogen?
Ja, anfangs hat er uns tatsächlich ein paar Jahre lang allein großgezogen. Aber ich möchte nicht behaupten, dass mein Vater ein harter oder ungerechter Mann war – er war einfach sehr konservativ. So wurde er in seiner Heimat, der Türkei, erzogen, und er kannte es nicht anders. Man muss sich auch vor Augen führen: Unsere Mutter war plötzlich nicht mehr da, und er stand mit fünf Kindern völlig allein da. Er war schlichtweg überfordert.
Wie war das für Sie, als die Familie nach Deutschland kam?
Ich bin in zwei Welten aufgewachsen – und das habe ich besonders stark zu spüren bekommen. In Deutschland war es völlig normal, dass Mädchen ausgehen, sich mit Freunden treffen und frei entscheiden konnten. Doch für mich galt das nicht. Es fühlte sich an, als wäre ich ein Fisch im Aquarium – ich konnte alles sehen, aber nicht daran teilhaben. Das machte es für mich noch schwerer. Schon als Kind war das Singen meine größte Leidenschaft, doch selbst das musste ich heimlich tun..
Aber Sie haben sich befreien können …
Ich bin tatsächlich von zu Hause abgehauen.
Abgehauen …?
Ja. Nachdem ich meine Lehre als Augenoptikerin – Gott sei Dank und mit Bravour – bestanden hatte. Ich musste sogar darum kämpfen, als Mädchen in meiner Familie überhaupt eine Ausbildung machen zu dürfen. Es war nicht mein Vater, der sagte, ich müsse unbedingt einen Beruf erlernen – ganz im Gegenteil. Ich war es, die darauf bestand, weil ich wusste, dass ich es für meine Zukunft brauchte. Diese Zeit war hart, und irgendwann hatte ich keine andere Wahl mehr. Ich musste gehen. Ich bin mit nichts außer dem, was ich am Körper trug, abgehauen – nicht einmal einen Koffer habe ich gepackt. Für mich war klar: In dieser Familie werde ich nicht bleiben können, denn ich wollte meine Freiheit. Und gerade als Frau war mir diese Freiheit alles wert. Deshalb habe ich diesen schweren Weg auf mich genommen.
Wie alt waren sie da?
Ich war noch 17.
Mit 18 darf man für sich allein verantwortlich sein, die Eltern haben nichts mehr zu sagen …
Bei mir war das anders. Ich musste schon mit 17 lernen, auf eigenen Beinen zu stehen – absolut. Das war zunächst eine extreme Achterbahnfahrt für mich.
Und dann waren sie endlich frei wie ein Vogel?
Erstmal, ja. Aber nur körperlich frei.
Was war noch wie ein Käfig?
Ich war in meinen Gedanken gefangen. Ich bin mit vielen Unsicherheiten aufgewachsen – erstens, weil ich meine Mutter sehr früh verloren habe, und zweitens, weil ich als Kind stark kurzsichtig war, aber niemand wusste es. Erst in der vierten Klasse wurde bei einem Hör- und Sehtest entdeckt, dass ich kaum sehen konnte. Ich bin halbblind ohne Mutter unter diesen Familienverhältnissen groß geworden. Ich habe diese Ängste in mir gehabt … Ich hatte immer Angst. Ich hatte vor allem Angst. Ich hatte Angst allein zu sein. Ich hatte Angst vor Menschen. Dann bin ich aber trotzdem, weil mir meine Freiheit so wichtig war, in meine Freiheit ausgebrochen.
Und wie fühlte sich die Freiheit an?
Anfangs bin ich ziellos umhergeirrt. Ich habe versucht, ein normales Leben zu führen, aber ich spürte, dass in meinem Kopf noch all die Grenzen existierten, die mir als Kind anerzogen wurden. Diese inneren Schranken musste ich erst einmal aufbrechen – und das hat Zeit gebraucht. Es war nicht einfach.
Morgen erzählt Safiya exklusiv bei Schlager.de von ihren Selbstzweifeln, die sie sogar in der vermeintlichen Freiheit quälten, von ihrem Liebesschicksal, Resignation – und dem Moment, als aus Hoffnung Wirklichkeit wurde.